Ex-Jugoslawien

Auf dem Balkan stelle ich fest, dass mir beschämend wenig über die Geschichte dieses Landstrichs bekannt ist. Mit ein bisschen Recherche kann man sich aber einen ganz guten Überblick verschaffen und kommt etwas dahinter, was eigentlich passiert ist.

Hier hatte lange Zeit das osmanische Reich das Sagen, das dann nach dem ersten Weltkrieg andere Probleme hatte und Jugoslawien 1918 als Königreich gegründet wurde. Zu den majestätischen Pflichten eines jeden neuen Königs gehörte die Umbenennung des Landes, sodass es insgesamt drei Namen hatte, bis man 1945 alles anders machte und das sozialistische Paradies erfand. Ein gewisser Josip Broz Tito hat sich in dieser Zeit einen Namen als Diktator gemacht. In den 90ern gab es dann sehr viel Gewalt, und heute sind dort, wo früher Jugoslawien stand, die sechs Staaten Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro und Mazedonien.

Viele Leute gehen hier ganz offen mit dem Thema um, auch wenn man es selbst nicht anspricht  – ich habe mich jedenfalls davor gehütet, über Politik zu reden. Ich höre sowohl alte Vorbehalte („They are less civilized over there“) als auch Bedauern über den Krieg („Someone starts talking about the others, then someone starts shooting at them, and bad things happen“).


Samstag früh geht es also los nach Ljubljana. Julia, Mirjam und Marcel begleiten mich bis Georgien, und zusammen unterhalten wir das Zugabteil mit Halbwissen über ehemalige James-Bond-Darsteller. Das Ticket für den EC 213 kostet 49 Euro pro Nase. Ljubljana hat ein paar nette Brücken, eine Kathedrale und eine Burg. Auf der sieht man Abends ziemlich viel von der Stadt:

Die Schienen gehören zu einer Bahn, die einen im Sommer bis 23 Uhr den Hügel heraufbringt. Sie ist uns leider erst aufgefallen, nachdem wir nach einer ordentlichen Mahlzeit selbst hochmarschiert sind.

Direkt am nächsten Tag fahren wir über Zagreb nach Sarajevo (Zugtickets 9 und 35 Euro), und da der Zug von Zagreb um neun Uhr früh abfährt, stehen wir um kurz nach sechs am Bahnsteig in Ljubljana.

Sarajevo liegt in Bosnien und Herzegowina, wo der Traum vom vollverputzten Eigenheim nicht so viele Freunde hat und viele Häuser deshalb unfertig herumstehen. Es gibt das Gerücht, man spare sich die Steuern, solange das Haus nicht offensichtlich fertig ist. Unser Abteilgenosse Vadim erzählt uns aber, dass den Bauherren einfach das Geld ausgegangen sei. Auf der Suche nach einer Antwort stoße ich auf diesen Foreneintrag, in dem wegen des Themas ein fünfjähriger Shitstorm ausgebrochen ist.

Sarajevo wird auch das Jerusalem Europas genannt und beherbergt Moslems, Juden, und Christen. Sarajevo sieht nebenbei sehr cool aus, denn die Moscheen, Synagogen und Kirchen stehen da einfach so nebeneinander. Und die Umgebung ist ziemlich schick.

Neben der vielen Kultur gibt es in Sarajevo noch den Basar, allerorten Cevapi in rauhen Mengen und bosnischen Kaffee. Dieser kommt in einem adretten Kännchen, macht ziemlich gut wach und wird traditionell mit einem Glas Wasser und einem halben Päckchen Drina-Zigaretten eingenommen.

Und obwohl es kein Problem zu sein scheint, sein Haus quasi nackt in der Gegend stehen zu lassen, gilt das nicht für Grabsteine. Die müssen nämlich offenbar unbedingt aus weißem Marmor bestehen und Obeliskenform haben, um nicht Schimpf und Schande über seine Familie zu bringen. Und so sind die Friedhöfe hier ziemlich nett anzusehen.

Von Sarajevo fahren wir weiter nach Mostar. Da gibt es zwar auch Gleise, die werden aber gerade neu gemacht und so bleibt nur der Bus für 16 Euro je Ticket, der fünfmal pro Tag fährt. In Mostar steht die alte Brücke, die die Neretva überspannt und mit der Altstadt von der UNESCO zum Welterbe gezählt wird.

Die Stari Most, wie die Brücke eigentlich heißt, hat noch eine kleine alte Schwester. Diese steht direkt um die Ecke und wurde der Legende nach als Probebau für die große errichtet. Da die Bauweise damals sehr neu war, und der Baumeister der Legende nach bei Einsturz seines Werkes seinen Kopf verloren hätte, war das eine ziemlich gute Idee. Der Ingeniör hats eben schwör.

Die alte Brücke ist übrigens aus dem 16. Jahrhundert und geht damit steil auf ihren 500. Geburtstag zu, wenn man davon absieht, dass sie im Krieg gesprengt wurde und daher streng genommen einige Jahre nicht existiert hat. Wie die Brücke aber in ihrer Jugend hieß – sie kann ja nicht direkt nach Bauende auf „alte Brücke“ getauft worden sein – habe ich nicht in Erfahrung bringen können.

Wir mieten ein Auto nach Dubrovnik in Kroatien. Das kostet inklusive Rückführung vom Zielort 150 Euro plus Diesel und bringt uns sicher durch die Herzegowina. Auf dem Weg halten wir in Blagaj, wo ein Sufi-Kloster steht, und etwas weiter an ein paar Wasserfällen.

Auf der Landkarte sieht die Straße nach Dubrovnik noch recht simpel aus. Unterwegs stellen wir fest, dass sie eigentlich ein ziemlich verschlungenes Chaos ist und streckenweise einem besseren Feldweg gleichkommt. Die Grenze nach Kroatien verpassen wir in der Dunkelheit fast vollständig und rollen nach einer Vollbremsung 20 Meter zu einem miesepetrig ausschauenden bosnischen Polizisten zurück. Der ist wohl etwas gekränkt, dass wir ihn übersehen haben, dafür freuen sich seine kroatischen Kollegen umso mehr über das Schauspiel. So kommen wir zwar viel später als erwartet an, aber vorher posiert noch dieser nette See für uns vor einem fantastischen Sonnenuntergang:

Dubrovnik ist eine Stadt in Kroatien, hängt aber als Exklave nicht mit dem übrigen Land zusammen und macht damit die Staatsgrenzen Kroatiens komplizierter als nötig. Anscheinend stört sich aber niemand daran. Die Altstadt zählt zum UNESCO Welterbe und man wird von Unmengen schwitzender Touristen durch die Gassen getrieben. Vom Hafen aus wirkt aber alles unglaublich idyllisch:

Der Busbahnhof ist nicht ganz zentral gelegen, dafür kommt man von dort wirklich gut weg. Unser nächster Halt ist Kotor in Montenegro, und die zugehörige Bucht ist natürlich ein Welterbe. Das Busticket kostet etwa 19 Euro.

Kotor macht richtig Spaß, mit netten Leuten im Hostel und dem Meer direkt vor der Haustür. Die Bucht ist umgeben von sehr schön anzuschauenden Bergen, die sich ihres Charmes offensichtlich gar nicht bewusst sind.

Das obige Bild ist auf der Burg entstanden, die für drei Euro zu besichtigen ist und recht nonchalant in den Berg hineingeklöppelt wurde:

Irgendwie will noch keiner hier weg, aber nach zwei Nächten ist unser nächster Halt Tirana in Albanien. Gleise gibt es dahin keine, da Albanien recht lange eine kommunistische One-Man-Show war und touristisch gesehen noch ein bisschen Luft nach oben hat. Wir fahren mit dem Taxi für 120 Euro – die Bustickets hätten 108 Euro für uns vier gekostet.

2 Gedanken zu „Ex-Jugoslawien“

  1. Hey timo,

    Wir wollten nur nochmal „tschüssi“ sagen, weil wir uns heute nich mehr gesehen haben. Wir haben hart gekater-komat.

    Lieben gruss an die gang.

    Susi & felix

    1. Moinsen Susi und Felix,

      hatten euch gar nicht mehr gefunden. Uns ging es auch schon mal besser.:)
      Miri und ich sind mittlerweile in Tbilissi in Georgien.
      Haltet uns über eure Reise auf dem Laufenden!
      War ne coole Party!
      Liebe Grüße und hoffentlich bis bald.
      MARCEL

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