Indien Untenrum

Im Gegensatz zum Norden Indiens, der hemmungslos mit den Überresten des Mogulreichs angibt, ist der Süden entspannter. Das betrifft nicht nur die Architektur, sondern auch die Leute, die mir hier weniger hektisch und auch zahlenmäßig einfach weniger vorkommen. Nur das Klima meint es ernst und die Sonne brutzelt die letzten drei Wochen meines Trips ordentlich vom Himmel.

Die Reiseroute steht schon seit Delhi fest: Von Mumbai geht es nach Goa, wo eine Woche rumliegen am Strand ansteht, von dort nach Hampi und nach einigen Tagen über Bangalore nach Kerala. Damit, so bilde ich mir ein, habe ich die wichtigsten Touristenziele im Süden abgegrast. Die Tickets buche ich vorher über ein Reisebüro in Mumbai, das mir zwar kompetent erscheint, aber am Ende etwa 150 Euro für das Gesamtpaket haben will.

Goa

Nach fast 500 Jahren portugiesischer Kolonialherrschaft hat Goa eine Menge Kultur zu bieten, die mir aber völlig Wumpe ist. Viel wichtiger ist, dass man hier sehr entspannt am Strand liegen kann. Und Bier wird an den meisten Kiosken für 80 Rupien je Dose verkauft – im Gegensatz zu vielen anderen indischen Bundesstaaten, wo Alkohol nur von lizenzierten Büdchen oder mit drakonischen Steuern belegt verkauft werden darf.

Und so liege ich einige Tage einfach am Strand oder unterhalte mich im Hostel mit den anderen Deutschen, die etwa die Hälfte der Gäste ausmachen. Die Sonnenuntergänge sehen in Goa so aus:

Und noch etwas gibt es hier, das man nicht verpassen sollte. Die Portugiesen haben nämlich tatsächlich den Karneval in Goa installiert. Es werden keine Kamellen von den Wagen geworfen, auch Schnaps wird nicht spendiert – und so erinnert der Zug in Panaji eher an Rio de Janeiro als an Köln. Macht aber ebenfalls Spaß und ist deutlich wärmer als Köln um diese Zeit.

Die Wagen hätten sie meinetwegen etwas freundlicher gestalten können. Man beachte den Schriftzug Indian Army auf dem Löwen und dem Drachen auf dem Foto oben – die Botschaft dahinter ist mir nicht ganz klar geworden. Die Leute scheint das allerdings nicht sonderlich zu stören, ist dann wohl normal so.

Hampi

Als eine weitere wichtige Ruinenstadt steht Hampi auf dem Plan, und ist nach Persepolis, Gaochang, Angkor Wat, Bagan und wie sie alle hießen noch interessant genug, um es sich mal anzusehen. Welterbe ist es sowieso. Die umgebende Landschaft besteht überwiegend aus Felsen und die Sonne grillt den Besucher beinahe ganztägig. Es lohnt sich also.

In Hampi steht eine Art Pyramide, die in einen Hof führt, auf dem es nicht viel zu sehen gibt. Die Händler in der Gegend verkaufen Reiseführer, die diese und andere Obskuritäten sicher erklären würden, aber ich bin geizig und lege mir keinen zu.

Dann war da noch dieser Streitwagen aus Stein, für den die Gegend bekannt ist. Um ihn und einige andere besondere Sehenswürdigkeiten zu sehen, muss man übrigens ein Tagesticket für etwa sieben Euro kaufen. Die meisten anderen Ecken sind dagegen kostenfrei zugänglich.

Und irgendwann begegnet dir dieser Tempel, der im Wasser steht.

Oder dieser wunderbare Treppenbrunnen. Diese Art von Brunnen habe ich eher im Norden vermutet und bisher noch keinen gesehen, deshalb freue ich mich umso mehr, dass ich hier doch noch fast in einen reinfalle. Je nachdem, wie das Wasser gerade steht, muss man mal mehr, mal weniger Stufen erklimmen.

Hampi habe ich einen Tag mit einer organisierten Tour per Fahrrad und einen Tag allein zu Fuß erkundet. Das war eine ganz gute Mischung und reicht dann eigentlich auch, um die meisten Stellen mal besucht zu haben.

Die Weiterfahrt ist wieder das pure Vergnügen. Ein Tuktuk bringt mich ins 15 Kilometer entfernte Hospet – den Ort, wo der Bus abfährt, habe ich mir im Reisebüro eintragen lassen. Als ich dort ankomme, erklären mir drei Typen, dass der Bus einen knappen Kilometer die Straße runter abfährt. Kennen wir ja schon. Dort angekommen, fahren dann sogar mindestens vier Busse allein nach Bangalore, und einer davon ist tatsächlich meiner. Trotzdem finde ich, dass jemand den Indern nochmal das Konzept einer Bushaltestelle erklären sollte.

Kerala

Ein unspektakulärer Tag in Bangalore geht schnell mit der Besichtigung des Palasts und einem großen Kaffee vorbei. Abends fährt dann der Nachtzug nach Ernakulam, der mich pünktlich um halb fünf Uhr morgens am Ziel absetzt.

Mit einem gesprächigen Briten warte ich auf die erste Fähre, die uns nach Kochi bringen soll. Er erzählt mir, dass er schon einen Monat in Indien ist und eigentlich längst wieder heimgefahren wäre, weil er dieses Land nicht besonders genießt. Allerdings kann er das seiner Frau (die zu Hause wartet) gegenüber auf keinen Fall zugeben, und so hofft er, dass ihm Kerala eher zusagen wird – geplant waren nämlich zwei Monate, sodass er noch einen ganzen Monat irgendwie rumkriegen muss.

Kochi ist unter anderem für die chinesischen Fischernetze bekannt. Die hängen hier an einer Art Bambusgestell und lassen sich vom Ufer ins Wasser senken. Leider komme ich nicht dazu, sie in Aktion zu sehen – wenn gerade niemand fischt, sieht es so aus:

Die Busse in Kerala sind verwirrend wie überall in Indien, fahren dafür aber sehr regelmäßig. Ich komme stressfrei nach Alleppey, von wo aus man entspannte Bootsfahrten durch die Backwaters buchen kann. Und um die geht es hier hauptsächlich.

Die Backwaters sind im Prinzip nur ein Haufen Flüsse, die früher oder später im Meer münden. Manchmal schmal und ziemlich oft auch breit, ist es ein ziemlich entspannende Angelegenheit, hier durchzuschippern und zum Ufer rüberzuschauen. Ich buche eine Tour und verbringe einen Tag auf einem schwimmenden Untersatz.

Die Hitze ist gut zu verkraften, und hier und dort findet sich auch Schatten. Und so holt sich der Großteil der Reisegruppe heute einen ordentlichen Sonnenbrand. Immerhin, die Landschaft ist recht spektakulär, sodass der Sonnenbrand nicht so dramatisch ins Gewicht fällt.

Und damit komme ich schon zum letzten Teil meiner Reise: Dem Rückweg nach Deutschland. Der erste Teil verläuft noch in Kerala, mit dem Bus zurück nach Kochi, dort eine Nacht in der Herberge und am nächsten Morgen früh zum Flughafen nach Delhi. Dort  folgt noch ein kleiner Zwischenstopp.