Vietnam

Und dann war da noch das kommunistische Paradies am anderen Ende der eurasischen Landmasse. Die Vietnamesen sind ziemlich unterhaltsame Leute und haben verflucht gutes Essen.

Saigon

Seit ich mir an der Grenze von Kambodscha die erste Pho-Bo-Suppe gegönnt habe, bin ich wohl etwas verhaltensauffällig. Die ist nämlich ziemlich lecker und an vielen Ecken zu haben, sodass ich auf meinem Weg durch Saigon einige Stopps einlegen muss. Wie zum Beispiel den zum Frühstücken – an diesem Stopp gab es auch noch einen sensationellen Kaffee dazu.

Ansonsten gibt es in Saigon wieder mal eine Menge Kultur, so zum Beispiel den Independence Palace. Dort hat von 1966 bis 1975 der Chef von Südvietnam regiert. Im geräumigen Vorgarten steht ein Panzer – so geht Unabhängigkeit! Gesellschaft leistet ihm ein Baum, dessen Wurzeln offenbar demnächst die Weltherrschaft übernehmen werden.

Und natürlich gibt es im Palast eine Menge schicker Räume, die seinerzeit zu allen möglichen wichtigen Zwecken gedient haben. Ein kleines Schild vor jedem Raum erklärt, wozu er jeweils benutzt wurde.

Diese Projektoren hinter dem Kinosaal finde ich großartig.

Mein unangefochtener Favorit ist aber das Auto, das der Big Boss damals für offizielle Anlässe benutzt hat. Auch das steht hier.

Ebenfalls nicht zu verpassen ist das War Remnants Museum, in dem die Geschichte des Vietnamkriegs erzählt wird. Die geht etwa so: Vietnam hat sich 1945 für unabhängig von dem vom Krieg geschwächten Frankreich erklärt, danach war alles toll, dann kamen die Franzosen wieder, dann kamen die Amerikaner dazu, und am Ende war man zwar unabhängig aber ziemlich zerstört. Ich finde ja, dass man den Teil „danach war alles toll“ etwas ausführlicher hätte behandeln können. Jedenfalls gibt es hier beeindruckendes Kriegsgerät und historische Propaganda zu sehen – so auch historische DDR-Propaganda.

Von Saigon will ich mit dem Zug weiter in Richtung Hanoi – die Bahnstrecke wurde von den Franzosen gebaut, von den Amerikanern zerbombt und später wieder aufgebaut. Heute spricht man vom Reunification Express, auch wenn es diesen Zug eigentlich nicht gibt. Die Strecke gibt es, und sie ist Pflichtprogramm für den geneigten Bahnreisenden. Am Bahnhof von Saigon kriegt man die Tickets für den Nachtzug.

Für einen ziemlich schicken Nachtzug.

Und so sieht die Aussicht aus dem Fenster aus: Reisfelder ohne Ende.

Man kann eine Gewalttour von Saigon nach Hanoi machen, die zwei Nächte und einen Tag dauert. Das möchte ich mir ersparen und lege deshalb einen Zwischenstopp in Hoi An ein.

Hoi An

In Hoi An steht jede Menge Architektur aus der Kolonialzeit, und nebenbei laufen hier jede Menge Touristen rum, die die Architektur ansehen wollen. Ich finde ja, dass die inzwischen ziemlich gammelig daherkommt.

Macht aber auch nichts, der Ort ist trotz der Touristen auffallend entspannt und ich komme in einem sehr charmanten Guesthouse unter. Einen Bahnhof hat das Kaff übrigens nicht, man kann aber mit dem gelben Bus von Da Nang rüberfahren. Darin sind außer mir dann auch keine Touris zu sehen und die Fahrt ist ein prima Erlebnis; bei ständig offen stehender Bustür steigen Fahrgäste ein und aus und Pakete und Kinder werden herein- und herausgereicht. Und das alles, ohne dass der Bus einmal wirklich anhält.

Nebenbei überfallen mich in Hoi An noch drei Obsthändlerinnen, von denen eine ein Foto von mir mit den anderen beiden macht. Sie macht das ziemlich gut und am Ende kaufe ich den dreien natürlich eine Tüte Obst ab. Ich darf sogar den Obstkorb halten, der gar nicht so unbequem zu tragen ist, wie es den Anschein macht.

Auf dem Rückweg nach Da Nang, von wo aus ich weiter nach Hanoi fahren will, läuft mir noch dieser leckere Reistopf über den Weg.

Und weiter geht es auf den berühmten Gleisen.

Hanoi

Der Zug nach Hanoi ist auch dieses Mal wieder absolut brauchbar. Leider fährt der erst Abends ab, sodass ich vom gebirgigen Mittelteil Vietnams – der sehr vorzeigbar sein soll – nichts zu sehen kriege.

Am nächsten Abend folgt eine kleine Stadtbesichtigung in Hanoi, die dafür umso schicker ist. Da wäre zum Einen dieser nette Tümpel im Zentrum, um den herum viele Geschäfte und einige Bands Weihnachtsstimmung verbreiten.

Ich treffe bei meinem Spaziergang auf eine Gruppe junger Vietnamesen, die sich mit mir auf Englisch unterhalten wollen. Irgendwann erwähne ich, dass ich vor lauter Pho Bo Suppe vergessen habe, auch mal ein Banh Mi Sandwich zu probieren. Sie lassen es sich nicht nehmen, mich in die Altstadt zu einem ausgezeichneten Banh-Mi-Stand zu bringen.

Banh Mi ist ein Baguette, das mit Grünzeug, Soße und je nach Geschmack mit Rind, Huhn, oder Meeresgetier belegt ist. Jedenfalls entwickle ich an diesem Abend eine weitere Verhaltensauffälligkeit und kann ab sofort an keinem Banh-Mi-Stand mehr vorbeigehen.

Und noch eine prägende Erfahrung kann man in Hanoi für seinen späteren Lebensweg mitnehmen: Den vietnamesischen Straßenverkehr. Hier mal eine etwas belebtere Kreuzung, die mir trotz des Trubels noch relativ geordnet erscheint.

Um nach Ha Long zu kommen, nehme ich einen Bus von einer der etwa zwei Brülliarden Busbahnhöfe in Hanoi. Dorthin komme ich mit einem Motorbike. Etwa acht Kilometer und drei Herzattacken später, lasse ich mir ein Selfie mit meinem furchtlosen Fahrer natürlich nicht nehmen.

Ha Long

Die Bucht von Ha Long ist ziemlich bekannt und bei Touristen sehr beliebt. Das liegt daran, dass sie ziemlich gut aussieht. Ich komme an Heiligabend an und bleibe zwei Nächte. Mein Masterplan sieht vor, an Heiligabend idyllisch Glühwein (oder so etwas ähnliches) zu kochen und am ersten Weihnachtsfeiertag mit einem Boot die Bucht zu erkunden, bevor es dann am zweiten Weihnachtsfeiertag wieder auf Reisen geht.

Ich finde nach wie vor, dass dieser Plan ziemlich gut war. Statt dessen passiert allerdings folgendes.

Ich finde einen vietnamesischen Wein, aber ohne jedes brauchbare Gewürz. Als ich die Flasche ins Hostel trage, treffe ich einen Vietnamesen, der noch in eine Bar will. Da die Sache mit dem Glühwein ohnehin nicht nach Erfolg riecht, schließe ich mich ihm auf ein Bier an. In der Bar treffen wir zwei Kanadier und einen Australier, und aus dem einen Bier werden natürlich zwei Bier. Und ein Jägermeister. Und der Wirt ist Russe, also noch ein Vodka.

Ich verlasse die Runde, um mit meiner Familie zu Hause zu skypen und allerseitens frohe Weihnachten zu wünschen. Als ich eine halbe Stunde später zurück komme, sind unsere drei neuen Freunde weg und der Vietnamese gerade dabei, aus der Bar zu fliegen – er war irgendwie zwischenzeitlich in eine Schlägerei verwickelt worden. Wir trinken noch ein Bier auf dem Bürgersteig, und ein Freund von ihm, der plötzlich auch dabei ist, schlägt vor, weiter zu trinken. Also gehen wir in eine andere Bar.

Wir spielen eine Runde Billard, während der der neu gefundene Freund schon wieder verschwindet. Das macht aber nichts, denn wir treffen noch einen Russen. Ich diskutiere mit Nikolai, so heißt er, über Putin und sein schönes Heimatland, und schwups, schon macht die Bar zu. Es ist drei Uhr morgens und unser vietnamesischer Freund inzwischen eingeschlafen. Wir tragen ihn zurück ins Hostel. Dann schaut mich Nikolai an: Wo kann man denn hier noch was trinken?

Die erste Bar des Abends hat noch geöffnet. Wir gehen rein und trinken weiter. Während Nikolai mit dem russischen Barkeeper beginnt, über Putin und sein schönes Heimatland zu diskutieren, beginnt ein Portugiese damit, mir seine sexuellen Vorlieben zu erklären. Ich muss dann auch mal los, ist ja schon spät.

Am nächsten Tag habe ich einen ordentlichen Kater und komme natürlich auch nicht zu einer Bootstour-tauglichen Zeit aus dem Bett. Bei einem kleinen Spaziergang mache ich aber immerhin noch dieses Bild vom Ufer aus. Die Bucht von Ha Long. Aus der Ferne betrachtet. Bei miesem Wetter.

Wenigstens am zweiten Weihnachtsfeiertag kehrt dann wieder Normalität ein. Zurück nach Hanoi, von wo aus ich zum zweiten Etappensprint der Reise ansetze.